Rechtliches zum Thema Chiptuning

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Balle
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Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von Balle »

Hier mal ein allgeminer Hinweis und ein paar Infos für Chip Tuning.
Stehen ein paar Interessant Sachen bei was man wissen sollte!


Teil 1

Einleitung

Seit dem Beginn der 90er Jahre sind moderne Pkw-Motoren zunehmend mit einer elektronischen Motorsteuerung, auch Motor-Management genannt, ausgerüstet. Die Motorsteuerung besteht dabei aus einem Computerbauteil („Chip“), das insbesondere die Kraftstoffeinspritzung in die Zylinder des Motors und den Zeitpunkt der Entzündung des Luft-Kraftstoff-Gemischs steuert. Der Chip ist, vereinfacht ausgedrückt, so programmiert, dass die vom Motorenhersteller ermittelte, optimale Kraftstoffmenge in dem richtigen Zeitpunkt in die Zylinder des Motors eingespritzt und entzündet wird. Es gibt die Möglichkeit, durch sogenanntes „Chip-Tuning“ die Leistung eines Motors deutlich zu steigern. Die erzielbaren Leistungssteigerungen liegen bei bis zu 100% der ursprünglichen Motorleistung.



Begriff

„Chip-Tuning“ ist ein Eingriff in die elektronische Motorsteuerung bzw. der Einbau eines veränderten Chip. Chip-Tuning erfolgt mit dem Ziel, eine Leistungssteigerung des Motors und eine optimierte Kraftstoffverbrennung herbeizuführen. Eine so vorgenommene Änderung des Motormanagements ist rein optisch in der Regel nicht wahrnehmbar. Durch Chip-Tuning können Leistungssteigerungen bis zu 100% erzielt werden. Potenzial für eine Leistungssteigerung durch Chip-Tuning ist sowohl bei Otto- als auch bei Dieselmotoren gegeben, wobei die Leistungssteigerung bei Dieselmotoren regelmäßig höher ausfällt. Bei Turbomotoren ist das Potenzial für eine Leistungssteigerung durch Chip-Tuning größer als bei Saugmotoren und Motoren mit einfacher Kraftstoff-Einspritzung. Im folgenden werden einzelne rechtliche Gesichtspunkte im Zusammenhang mit Chip-Tuning behandelt, wobei von Tuningmaßnahmen an Pkw-Motoren ausgegangen wird.



Erscheinungsformen von Chip-Tuning

In der Praxis kommen unterschiedliche Spielarten von Chip-Tuning vor. Die Palette reicht von einem ohne Rücksicht auf Verluste vorgenommen Eingriff eines Hobby-Bastlers bis zu der aufwendigen Tuningmaßnahme einer Fachwerkstatt, bei der auch die Bremsen, Federn, Auspuffanlage und gegebenenfalls weitere Teile des Fahrzeugs der gesteigerten Motorleistung angepaßt werden. Nachfolgend soll im wesentlichen zwischen zwei Konstellationen unterschieden werden, die in der Praxis häufig auftreten. Es wird zwischen einer hier als „Bastler-Eingriff“ bezeichneten Chip-Tuningmaßnahme einerseits und einer als „ordnungsgemäßer Eingriff“ bezeichneten Chip-Tuningmaßnahme andererseits unterschieden. Unter dem „Bastler-Eingriff“ wird ein Eingriff in die elektronische Motorsteuerung (Chip) verstanden, der im Einzelfall an einem Motor vorgenommen wird, und zu einer Leistungssteigerung des Motors führt, wobei weder vor noch nach der Durchführung der Tuningmaßnahme Schritte unternommen wurden, um für den als Ergebnis der Tuningmaßnahme vorliegenden Chip oder das durch die Tuningmaßnahme veränderte Fahrzeug eine Genehmigung durch den TÜV herbeizuführen. Bei der hier als „ordnungsgemäßer Eingriff“ bezeichneten Maßnahme wird ein modifizierter Chip, der zu einer höheren Motorleistung führt, für den vielfachen Einsatz in gleichartigen Fahrzeugen serienmäßig hergestellt und für den so hergestellten „Serien-Chip“ wird eine Genehmigung durch den TÜV herbeigeführt.



Zulassungsrechtliche Fragen beim Chip-Tuning

Nach § 18 Absatz 1 StVZO dürfen Kraftfahrzeuge mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie durch Erteilung einer Betriebserlaubnis oder einer EG-Typgenehmigungund durch Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens von der Zulassungsstelle zum Verkehr zugelassen sind. Die Betriebserlaubnis kann in Form einer allgemeinen Betriebserlaubnis für Typen gem. § 20 StVZO oder als Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge i.S.d. § 21 StVZO erteilt werden. Gemäß § 19 Absatz 1 StVZO besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Betriebserlaubnis, wenn das Fahrzeug den zulassungsrechtlichen Bestimmungen entspricht. Sofern die Betriebserlaubnis für ein Fahrzeug erloschen ist, darf dieses auf öffentlichen Straßen nicht mehr in Betrieb gesetzt werden. Sofern Anlaß zu der Annahme besteht, dass ein Fahrzeug nicht den zulassungsrechtlichen Bestimmungen entspricht, steht der Verwaltungsbehörde das Instrumentarium des § 17 StVZO (Sachverständigengutachten, Beschränkung des Betriebs usw.) zur Verfügung, um die Gefahr festzustellen und gegebenenfalls zu beseitigen.



Beispielsfall


Fall: Ein GTI wird während eines bestehenden (Haftpflicht-) Versicherungsvertrages von dem Halter des Fahrzeugs einer Chip-Tuningmaßnahme unterzogen mit dem Ergebnis, dass der Motor eine Leistungssteigerung von 112 PS auf 125 PS erfährt. Eine Mitteilung an den Versicherer erfolgt nicht. Auf der zweiten Spritztour mit dem „frisierten“ Fahrzeug kommt es zu einem vom Halter des GTI allein verursachten Unfall mit einem anderen Kfz. Der Versicherer des GTI hat zufällig Kenntnis von der durch Chip-Tuning herbeigeführten Leistungssteigerung erlangt und prüft, welche Rechtsfolgen durch die Tuningmaßnahme eingetreten sind.



Gefährdung von Verkehrteilnehmern durch Chip-Tuning

Maßgeblich für die Frage, ob die Betriebserlaubnis eines Fahrzeugs wegen einer Chip-Tuningmaßnahme erlischt, ist die Rechtslage nach § 19 Absatz 2, Satz 2 StVZO. Nach der dortigen Nr. 2 erlischt die Betriebserlaubnis, wenn Änderungen vorgenommen werden, durch die eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern wird in der Rechtsprechung angenommen, wenn durch die nachträgliche Veränderung mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer geschaffen wird. Eine solche Gefährdung kann als Folge einer Chip-Tuningmaßnahme nur unter besonderen Umständen angenommen werden, z.B. wenn eine extreme Leistungssteigerung des Motors um 50 % oder mehr herbeigeführt wird, ohne dass eine entsprechende Anpassung der Bremsen, Reifen oder anderer Fahrzeugteile erfolgt. Eine solche Gefährdung ist im Beispielsfall nicht gegeben. Die in dem Unfall des Beispielsfalls verwirklichte Gefährdung ist mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht auf die Änderung am Fahrzeug zurückzuführen. Bei Chip-Tuningmaßnahmen mit moderater Leistungssteigerung um ca. 10 %, wie im Beispielsfall, kann eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern i.S.d. § 19 Absatz 2, Satz 2 Nr. 2 StVZO in der Regel nicht (ohne weiteres) angenommen werden.



Änderung des Abgas- oder Geräuschverhaltens durch Chip-Tuning

Die Betriebserlaubnis kann in Folge einer Chip-Tuningmaßnahme nach § 19 Absatz 2, Satz 2 Nr. 3 StVZO erlöschen, wenn durch die Änderung das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird. Die Leistungssteigerung kann beim Chip-Tuning im wesentlichen nur durch eine erhöhte Kraftstoffzufuhr und Kraftstoffverbrennung im Motor oder durch eine auf Grund der Tuningmaßnahme mögliche, höhere Drehzahl des Motors erreicht werden. Als Folge der Änderung liegt daher regelmäßig eine Verschlechterung des Abgas- oder Geräuschverhaltens i.S.d. § 19 Absatz 2, Satz 2 Nr. 2 StVZO vor mit der weiteren Folge, dass die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erlischt. In dem Beispielsfall ist daher von einem Erlöschen der Betriebserlaubnis des GTI wegen einer Verschlechterung des Abgas- und/ oder Geräuschverhaltens i.S.d. § 19 Absatz 2, Satz 2 Nr. 3 StVZO auszugehen. Gemäß § 19 Absatz 2, Satz 3 StVZO gilt für die Erteilung einer neuen Betriebserlaubnis § 21 StVZO entsprechend. Eine neue Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge kann nach § 21 StVZO nur nach einer mit erheblichen Kosten verbundenen (Voll-) Begutachtung des Fahrzeugs durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen erfolgen. Im Ergebnis ist im Beispielsfall, ebenso wie beim sonstigen, typischen Bastler-Eingriff, davon auszugehen, dass die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs als Folge der Chip-Tuningmaßnahme erloschen ist und auch nicht nach erfolgter Vollbegutachtung gemäß § 21 StVZO neu entsteht.



Der ordnungsgemäße Eingriff im Zulassungsrecht

Ein „ordnungsgemäßer Eingriff“ liegt etwa bei Bausätzen vor, die aus einer Mehrzahl von Teilen bestehen und neben einem modifizierten Chip weitere Bauteile wie Auspuffanlage u.ä. enthalten, um die Eigenschaften des Fahrzeugs insgesamt an die gesteigerte Motorleistung anzupassen. Solche Bausätze werden in Serie gefertigt und im Handel angeboten. Für die in Tuningbausätzen enthaltenen Chips für das Motortuning kann ein Teilegutachten i.S.d. § 19 Absatz 3 Nr. 4 StVZO i.V.m. Anlage XIX zur StVZO eingeholt werden. Sofern ein solches Teilegutachten für den im Rahmen einer Chip-Tuningmaßnahme einzubauenden Chip vorliegt, erlischt die Betriebserlaubnis für das Fahrzeug nicht, wenn der im Gutachten angegebene Verwendungszweck eingehalten wird und unverzüglich eine Abnahme des Ein- oder Anbaus gem. § 19 Absatz 3 Nr. 4 lit. c) StVZO erfolgt. Gemäß § 19 Absatz 4 Nr. 2 StVZO ist das Teilegutachten mit der Bestätigung des ordnungsgemäßen Ein- oder Anbaus mitzuführen und zuständigen Personen auf Verlangen auszuhändigen. Sofern diese rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden, ist die Chip-Tuningmaßnahme in Gestalt des ordnungsgemäßen Eingriffs unter zulassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht problematisch.
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von Balle »

Teil 2



Meldepflicht gemäß § 27 StVZO

Zulassungsrechtliche Meldepflichten von Fahrzeugeigentümern und Fahrzeughaltern regelt § 27 StVZO. Änderungen der Motorenleistung, auch wenn diese auf Grund einer Chip-Tuningmaßnahme eintreten, sind nach § 27 Absatz 1a Nr. 1 i.V.m. § 27 Absatz 1, Satz 3 StVZO durch den Eigentümer des Fahrzeugs oder, sofern dieser nicht zugleich Halter ist, auch durch den Halter, unverzüglich der Zulassungsstelle zu melden. Kommt der Verantwortliche der entsprechenden Verpflichtung nicht nach, so kann die Zulassungsbehörde gem. § 27 Absatz 1, Satz 5 StVZO den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagen. In der Praxis werden Chip-Tuningmaßnahmen im Rahmen der Hauptuntersuchung gemäß § 29 StVZO in aller Regel nicht entdeckt und somit auch nicht beanstandet, weil sie optisch kaum wahrnehmbar sind und darüber hinaus nur mit erheblichem, technischen Aufwand nachgewiesen werden können. Dies gilt auch für Bastler-Eingriffe wie im Beispielsfall. Auch im Rahmen der Abgasuntersuchung nach § 47a StVZO ergeben sich in der Praxis allenfalls im Extremfall Anhaltspunkte für eine durchgeführte Chip-Tuningmaßnahme.



Ordnungswidrigkeiten gemäß § 69a Absatz 2 StVZO

Im Falle einer Chip-Tuningmaßnahme, die zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führt, wie beim Bastler-Eingriff im Beispielsfall, entfällt auch die Zulassung des Fahrzeugs, weil die Betriebserlaubnis gem. § 18 Absatz 1 StVZO ein notwendiger Bestandteil der Zulassung ist. Ordnungswidrig handelt, wer ein Kfz entgegen § 18 Absatz 1 StVZO ohne die erforderliche Zulassung auf öffentlichen Straßen in Betrieb setzt. Der Verwarnungs- und Bußgeldkatalog sieht für eine entsprechende Zuwiderhandlung ein in Höhe von 50 € vorRegelbußgeld , und nach der Anlage 13 zu § 40 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) werden drei Punkte in das Verkehrszentralregister eingetragen. Bei wiederholten Zuwiderhandlungen kommt ein Fahrverbot gemäß § 25 StVG in Betracht. Ordnungswidrig nach § 24 StVG handelt, wer entgegen § 19 Absatz 4 Nr. 2 StVZO nach erfolgter Änderung, etwa durch Einbau eines getunten Chip aus einem Tuning-Bausatz, das vorhandene Teilegutachten für den getunten Chip nicht mitführt oder aushändigt. Hierfür ist im Verwarnungs- und Bußgeldkatalog ein Verwarnungsgeld von 10 € vorgesehen.



Auswirkungen von Chip-Tuning auf das Versicherungsverhältnis


Durch eine Chip-Tuningmaßnahme wird eine Leistungssteigerung des Motors herbeigeführt. Die Leistungssteigerung verändert die für die Zuordnung der Wagnisse im Versicherungsverhältnis maßgeblichen objektiven Gefahrenmerkmale, insbesondere die Leistung des Motors. Es kann somit durch eine Chip-Tuningmaßnahme zu einer Gefahrerhöhung im Versicherungsverhältnis kommen, die nach Maßgabe der §§ 23 ff. Versicherungsvertragsgesetz (VVG) unterschiedliche Rechtsfolgen hat. Für die Frage, welche Auswirkungen eine Chip-Tuningmaßnahme für das Versicherungsverhältnis haben kann, ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es soll hier lediglich der Bastler-Eingriff aus dem Beispielsfall betrachtet werden, wobei nach Durchführung des Eingriffs während des Versicherungsverhältnisses und vor Abschluß des Versicherungsvertrags unterschieden wird. Beim ordnungsgemäßen Eingriff treten keine versicherungsrechtlichen Probleme auf, sofern der Versicherungsnehmer die veränderten Umstände dem Versicherer anzeigt und es zu einer entsprechenden Anpassung des Versicherungsverhältnisses kommt.



Auswirkungen von Chip-Tuning auf das Versicherungsverhältnis

Durch eine Chip-Tuningmaßnahme wird eine Leistungssteigerung des Motors herbeigeführt. Die Leistungssteigerung verändert die für die Zuordnung der Wagnisse im Versicherungsverhältnis maßgeblichen objektiven Gefahrenmerkmale, insbesondere die Leistung des Motors. Es kann somit durch eine Chip-Tuningmaßnahme zu einer Gefahrerhöhung im Versicherungsverhältnis kommen, die nach Maßgabe der §§ 23 ff. Versicherungsvertragsgesetz (VVG) unterschiedliche Rechtsfolgen hat. Für die Frage, welche Auswirkungen eine Chip-Tuningmaßnahme für das Versicherungsverhältnis haben kann, ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es soll hier lediglich der Bastler-Eingriff aus dem Beispielsfall betrachtet werden, wobei nach Durchführung des Eingriffs während des Versicherungsverhältnisses und vor Abschluß des Versicherungsvertrags unterschieden wird. Beim ordnungsgemäßen Eingriff treten keine versicherungsrechtlichen Probleme auf, sofern der Versicherungsnehmer die veränderten Umstände dem Versicherer anzeigt und es zu einer entsprechenden Anpassung des Versicherungsverhältnisses kommt.



Kenntnis von Chip-Tuning und Kausalität

Eine Gefahrerhöhung und damit ein Kündigungsrecht des Versicherers liegt nur vor, wenn der Versicherungsnehmer von dem mangelhaften Zustand eines nicht verkehrssicheren Fahrzeugs Kenntnis hat, wobei es der Kenntnis gleichzustellen ist, wenn sich der Versicherungsnehmer der Kenntnis arglistig entzieht. In dem Beispielsfall ist das Merkmal der „Kenntnis“ gegeben, weil der Halter des GTI eine gefahrerhöhende Tuningmaßnahme selbst durchgeführt hat und anschließend in Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände das Fahrzeug benutzt hat. Für ein Kündigungsrecht des Versicherers gemäß §§ 25 Absatz 1 i.V.m. 23 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist es schließlich erforderlich, dass die Gefahrerhöhung kausal für den Eintritt des Versicherungsfalls war. Dies ergibt sich aus § 25 Absatz 3 VVG, wonach die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung bestehen bleibt, wenn die Erhöhung der Gefahr keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat. Nach der Formulierung des § 25 Absatz 3 VVG hat der Versicherungsnehmer diejenigen Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen sich der nicht vorhandene Einfluß der Gefahrerhöhung für den Eintritt des Versicherungsfalls und somit das Fortbestehen der Leistungspflicht des Versicherers ergeben soll. Ob im Beispielsfall die erforderliche Kausalität der Gefahrerhöhung für den Eintritt des Versicherungsfalls zu bejahen ist, kann ohne nähere Information nicht beurteilt werden. In der Praxis der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung wird allenfalls in Schadensfällen mit außergewöhnlich hohem Regulierungsaufwand überhaupt untersucht, ob auf Grund einer Chip-Tuningmaßnahme eine Gefahrerhöhung erfolgte.
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von Balle »

Teil 3



Chip-Tuning als „Gefahrerhöhung“ im Versicherungsverhältnis

In der Regel stellt die im laufenden Versicherungsverhältnis vorgenommene Chip-Tuningmaßnahme in Gestalt des Bastler-Eingriffs mit anschließender Benutzung des Kfz eine Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) dar, die den Versicherer nach § 24 Absatz 1 VVG zur fristlosen Kündigung des Versicherungsverhältnisses berechtigt, und die gemäß § 25 Absatz 1 VVG zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt, sofern sie für den Eintritt des Versicherungsfalls kausal war. Nach den verwendeten AKB ist die Leistungsfreiheit des Versicherers bei Gefahrerhöhung regelmäßig auf höchstens 5.000 € beschränkt.

Die Ausführungen für den im laufenden Versicherungsverhältnis vorgenommenen Bastler-Eingriff gelten im Ergebnis entsprechend für Fälle, in denen bereits vor Beginn des Versicherungsverhältnisses die Chip-Tuningmaßnahme durchgeführt wurde. Zwar tritt nach § 25 Absatz 1 VVG die Leistungsfreiheit des Versicherers (nur) ein, wenn der Versicherungsfall „nach der Erhöhung der Gefahr“ eintritt. Für eine Gefahrerhöhung, die zwischen Stellung und Annahme des Versicherungsantrags eintritt und dem Versicherer bei der Annahme des Antrags nicht bekannt war, bestimmt jedoch § 29 a VVG, dass die §§ 23 bis 29 VVG Anwendung finden. In der Rechtsprechung wird zudem die Gefahrerhöhung in entsprechenden Fällen nicht in der Maßnahme gesehen, die zur Verkehrsunsicherheit des Fahrzeugs führt, sondern in der über eine einmalige Gefährdungshandlung hinaus gehenden Benutzung des Fahrzeugs in verkehrsunsicherem Zustand, unabhängig davon, seit wann der nicht vorschriftsmäßige, verkehrsuntaugliche Zustand des Fahrzeugs besteht. Dies hat zur Folge, dass eine Gefahrerhöhung auch in Fällen vorliegt, in denen eine Veränderung durch Chip-Tuning bereits vor dem Abschluß des Versicherungsvertrags vorgenommen wurde, sofern die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind.



Chip-Tuning und Herstellergewährleistung des Neuwagenverkäufers


Die deutschen Automobilhersteller stehen dem Chip-Tuning ablehnend gegenüber. Nach Auffassung der Automobilhersteller sind deren Fahrzeuge im Originalzustand in Hinsicht auf das Zusammenwirken der einzelnen Fahrzeugteile optimal abgestimmt. Diese harmonische Abstimmung werde durch etwaige Eingriffe in das elektronische Motormanagement aus dem Gleichgewicht gebracht. In den Neuwagenverkaufsbedingungen der deutschen Automobilhersteller befinden sich Regelungen, die einen Fortfall der vom Verkäufer zu leistenden Gewährleistung vorsehen, wenn ein Fehler oder Schaden dadurch entstanden ist, dass „in den Kaufgegenstand Teile eingebaut worden sind, deren Verwendung der Hersteller nicht genehmigt hat, oder der Kaufgegenstand in einer vom Hersteller nicht genehmigten Weise verändert worden ist“. Die Durchführung einer Chip-Tuningmaßnahme wird als eine nicht genehmigte Veränderung des Fahrzeugs angesehen. Die Vornahme einer Chip-Tuningmaßnahme hat also zur Folge, dass die vom Verkäufer eines Neufahrzeugs übernommene Gewährleistungspflicht entfällt. Ein Verstoß gegen das AGB-Gesetz, insbesondere gegen § 11 Nr. 10 (Gewährleistung) AGBG oder gegen die Generalklausel des § 9 AGBG, ist insoweit nicht ersichtlich



Verträge über Chip-Tuningmaßnahmen

Chip-Tuningmaßnahmen werden in den unterschiedlichsten Qualitäten und Spielarten von den unterschiedlichsten Anbietern erbracht. Das Spektrum reicht vom Bastler-Eingriff, der ohne Rücksicht auf etwaige Störungen der Gesamtabstimmung der einzelnen Fahrzeugteile vorgenommenen wird, bis zur ordnungsgemäßen Tuningmaßnahme mit Abnahme durch den TÜV und fortbestehender Betriebserlaubnis. Problematisch sind in der Praxis auch in zivilrechtlicher Hinsicht oftmals Verträge über die Vornahme eines Bastler-Eingriffs bzw. über die Veräußerung eines Pkw, an dem ein Bastler-Eingriff erfolgte. Zur Rechtsnatur eines auf eine Leistungssteigerung eines Kfz durch Chip-Tuning gerichteten Vertrags ist anzumerken, dass es sich in der Regel um einen Werkvertrag handelt, wenn der Schwerpunkt der nach der Vereinbarung zu erbringenden Leistung in einer Steigerung der Motorleistung liegt. In der Rechtsprechung werden für das Tunen eines Motors keine speziellen, verminderten Sorgfaltsmaßstäbe angenommen, insbesondere wird bei Tuningmaßnahmen nicht ohne weiteres ein Gewährleistungsausschluß bejaht, selbst dann nicht, wenn der Unternehmer des Tuningvertrags sich nur hobbymäßig mit Tuningmaßnahmen befaßt, die Tuningmaßnahme aber gegen Entgelt erbringt. Der Unternehmer des Tuningvertrags hat daher für Vorsatz und Fahrlässigkeit zu haften. Eine Nebenpflicht des Unternehmers aus dem Chip-Tuningvertrag wird regelmäßig darin bestehen, den Auftraggeber über die zulassungsrechtlichen, versicherungsrechtlichen und gewährleistungsmäßigen Folgen der Tuningmaßnahme aufzuklären, deren schuldhafte Verletzung einen Schadensersatzanspruch begründen kann.



Quelle: www.strafzettel.de
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lights2000
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von lights2000 »

Achtung!!!!!!!

Ohne es böse zu meinen: In Teilen ist das alles richtig, gut und schön. Das einzige Problem: Dies ist eine Betrachtungsweise, eine rechtliche Auslegung. Dies bedeutet noch lange nicht, dass die Versicherung, Zulassungsstelle, Polizei und das Gericht dem auch folgen MUSS. Diese haben eine andere rechtliche Auslegung. Gibt sozusagen immer verschiedene Seiten der Medaille. Welcher Auslegung das Gericht nun folgt, ist ganz allein Sache des Gerichts.

Das zweite Problem in meinen Augen: Jemand der sich mit der Paragraphenkette nicht auskennt, kann nicht erkennen das diese weit über drei Jahre alt sein MUSS! Die wiedergebene Betrachtungsweise bezieht sich auf die Zulassung und deren Erlöschung. Dies ist nach einer Änderung, ich glaub im Jahr 2007 oder 2008, so nicht mehr möglich. Es wird sich hier auf § 18 StVO gestützt. Dieser ist NICHT MEHR existent in seiner ursprünglichen Form. Die gesamte Zulassung von Fahrzeug im Straßenverkehr bezieht sich auf die FZV (Fahrzeugzulassungsverordnung, im gleichen Atemzug mit der Abschaffung § 18 StVO neu begründet). Von daher ist die oben genannte Betrachtung in meinen Augen so nicht mehr richtig.

Genau aus dem Grund würde ich da nicht viel drauf geben. Und ich finde es schändlich, dass eine Seite wie strafzettel.de eine solch alte und in wichtigen Teilen nicht mehr aktuelle Betrachtung, dem User zur Verfügung stellt.

Dies ist MEINE bescheidene rechtliche Meinung zu dem Problem.
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von Balle »

wie Du schon sagst...in Teilen ist es auch richtig...dieser Beitrag soll aber auch den "ich löt mir mal fix nen Ebay Chip ein leuten" sagen das so ne Aktion fix nach hinten los gehen kann. ;)

Ein sehr guter Bekannter von mir ist Gutachter für die DEKRA... er hatte mal nen Bengel der seinen G Astra Diesel gechippt hatte, dies nicht eingetragen hat und es machte bumm...
durch dummen Zufall viel ihm das auf beim begutachten...

Folgen:erlöschen der BE....Anzeige wehen Versicherungsbetrug....und das beste...die Versicherung zahlte nichts!
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von lights2000 »

Ich finde es gut das du dir nen Kopf um das Thema gemacht hast. Nur sollten die Leute auch wissen, dass sie mit dieser rechtlichen Betrachtung und der Paragraphenkette nicht vor Gericht ziehen sollten. Das wollte ich doch nur aufklären, ich wollte dir da nichts absprechen. Mir ging es rein um die Zulassungsgeschichte :D Ich hab bis letzten Jahr selber Schulungen zum Thema Tuning und Rechtsfolgen im Bezug auf die Zulassung gehalten. Leider jetzt über ein Jahr nichts gemacht, aber ab 01.08. arbeite ich mich wieder in das Thema ein :shock:
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von Balle »

ich wollte Dich da auch nicht kritisieren...ich find es gut das du das eine oder andere richtig stellst.

Es gibt da so viell Paragraphen die sinnvoll und auch weniger sinnvoll sind... da kann man nicht alles wissen ;)
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von lights2000 »

Du glaubst gar nicht wie viel Mist der Gesetzgeber mit dieser Änderung gemacht hat, dass kann so niemals gewollt gewesen sein. Aber keiner begradigt den Mist, das wird still hingenommen und alles passt sich an.

Ich könnt da aus dem Nähkästchen plaudern, aber das lass ich lieber :roll: :lol:
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von Balle »

ja das sieht man ja schon beim Besuch der Zulassungsstelle. da gibt es einiges...ich war ja paar Jahr als Händler für KFZ und Tuningteile tätig und arbeitete auch eng mit der DEKRA zusammen.
AUWEIA was es da zu erleben gab
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lights2000
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Re: Rechtliches zum Thema Chiptuning

Beitrag von lights2000 »

Ich hab bei dem Thema auch schon unmögliche Sachen gesehen, da bleibt dir manchmal die Sprache weg :shock: Aber was solls, mutige Irre wird es immer geben die ihre und die Gesundheit anderer unnötig in Gefahr bringen. Bestes Beispiel ist die kurze Schilderung von Ronny im Thread zum Thema Radabdeckung :!:
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